Seit über einem Jahr bin ich mittlerweile hauptberuflich selbstständig. Das erfordert Selbstdisziplin und gutes Zeitmanagement. An dieser Stelle breche ich normalerweise in hysterisches Kichern aus und frage mich, warum ich diesen Job eigentlich mache.
Vor einer Weile stolperte ich aber über Lena Falkenhagens großartige Blogeinträge zum Selbstmanagement – und über das Konzept des Bullet Journals. Seit ich es nutze, hat sich mein Leben verändert. Ich habe siebzehn Kilo abgenommen und mein Bankberater schickt mir jeden Tag einen Strauß Rosen. Äh, halt. Quatsch. Was ich eigentlich sagen wollte: Ich habe endlich das Gefühl, meinen ganzen Kram im Griff zu haben!
Was ist ein Bullet Journal?
Ich stelle am Ende des Blogbeitrags noch eine Sammlung hilfreicher Links zusammen, die das schön auf den Punkt bringen. Kurz gesagt: Ein Bullet Journal ist eine Mischung aus Kalender, To-Do-Liste und Allzwecknotizbuch. Es hat im Prinzip drei Grundbestandteile: das Inhaltsverzeichnis, verschiedene Zeitplanungsmodule und das Listensystem. Das Schöne ist: Es funktioniert grundsätzlich in jedem Notizbuch, und man kann – so wie ich das gemacht habe – auch mitten im Jahr anfangen, damit zu experimentieren. Und man kann sich alles so zurechtwuddeln, dass es für einen funktioniert.
Zeitplanung
Die größte Einheit ist das »Future Log« für die Jahresplanung, bei der man jedem Monat eine halbe Seite (oder wie viel man mag) zuweisen und wichtige Daten notieren kann. Ich habe gemerkt, dass ich das kaum nutze – ich lege mir nämlich im Voraus schon die Monatsübersicht (»Monthly Log«) für jeden Monat an. Im ursprünglichen System ist, glaube ich, vorgesehen, dass man das zu Beginn jedes Monats frisch macht, aber für mich funktioniert es mit Vorlauf besser: Auf eine aufgeschlagene Doppelseite kommen links alle Monatstage untereinander, zur besseren Übersicht verpasse ich jedem Tag vier Spalten (allgemein, morgens, tagsüber, abends), damit ich auf einen Blick sehe, wann am Tag ein Termin etwa liegt. In diese Übersicht kommt alles, was an einem festen Tag im Monat passiert, von Geburtstagen über Verabredungen bis zu Deadlines. Auf der rechten Seite notiere ich alle allgemeineren Ziele für diesen Monat – also Dinge, die ich in diesem Zeitraum schaffen will, die aber nicht an einen bestimmten Tag gebunden sind.
Zur besseren Übersicht nutze ich noch farbige Markierungen und sehe auf Anhieb, was in welchem Bereich ansteht.
Die kleinste Einheit ist dann natürlich die Tagesplanung (»Daily Log«), die jeden Tag neu erstellt wird: Am Abend vorher (oder beim Frühstückskaffee) sucht man sich die To-Dos heraus, die erledigt werden sollen (oder müssen) (oder längst erledigt sein sollten). Die kommen bei mir in vier thematische Spalten aufgeteilt auf die linke Seite, versehen mit kleinen Checkboxen (das sind die vier Bereiche, für die ich auch Farbmarkierungen habe). Rechts schreibe ich dann alles auf, was ich zusätzlich oder stattdessen geschafft habe, plus lose Gedankenfetzen, Ereignisse etc. Man kann das aber auch anders handhaben und z.B. einfach alles, was man geschafft hat, in eine Liste schreiben. Aber ich vergesse gerne mal, was ich außer der Reihe gemacht habe – und frage mich dann frustriert, wo die Zeit geblieben ist und warum ich so wenig von meiner To-Do-Liste geschafft habe. Mit dem BuJo passiert mir das tatsächlich nicht mehr.
Das Pfiffige am Daily Log ist, dass man ihm eben auch immer so viel Platz zugestehen kann, wie gerade nötig ist. Wenn er eine ganze Seite braucht, dann ist das so. Wenn er am nächsten Tag mit drei Zeilen auskommt, passt das. Wenn man ein Wochenende nach Honolulu fliegt und das Bullet Journal nicht ins Handgepäck passt: Es nimmt einem das nicht übel. (Glaube ich zumindest. Ich fliege so selten nach Honolulu.) Man macht irgendwann einfach da weiter, wo man aufgehört hat. Keine leeren, vorwurfsvoll starrenden Kalenderseiten wie bei vorgedruckten Planern.
Listen
Listen sind eigentlich furchtbar banal, aber sie sind das zweite Herzstück des Bullet Journal-Systems. Man kann sie nämlich jederzeit anlegen. Für mich heißt das: Alles, was ich früher auf irgendwelchen Zetteln notiert habe, die dann auf Nimmerwiedersehen verschwanden, schreibe ich jetzt ins BuJo. Was das für Listen sind? Zum Beispiel mache ich mir welche für meine Texter- und Übersetzungsaufträge, splitte die in einzelne Arbeitsschritte auf, sodass ich klar sehe, was noch alles zu tun ist (und einzelne Punkte nach und nach in meinem Daily Log abarbeiten kann). Dann habe ich eine Liste über (berufliche) Mails, bei denen ich auf Antwort warte, eine für Erfolge, eine für allgemeinen Kram, der irgendwann mal erledigt werden sollte. Und, ganz neu, eine für die Blogplanung, die mir vor Augen geführt hat, dass ich viel mehr Ideen für Beiträge habe, als ich mir je hätte träumen lassen.
Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Man kann auch Listen mit inspirierenden Zitaten, wohlklingenden Protagonistennamen, interessanten Mordmethoden und ungelesenen Büchern führen. Auf Pinterest häufen sich Vorschläge für interessante Listen und Übersichten. Das klingt teilweise sehr reizvoll – man kann sich aber auch rasch verzetteln. Ich führe insgesamt nur eine Handvoll Listen – die sind für mich dafür Gold wert und helfen mir auch bei der Projektorganisation.
Inhaltsverzeichnis
Damit man zwischen all den Listen, Monats- und Tagesübersichten nicht den Überblick verliert, gibt es noch das Inhaltsverzeichnis. Das funktioniert natürlich nur, wenn man die Seiten des Bullet Journals nummeriert – das mache ich Stück für Stück, wie ich sie fülle, somit bedeutet das kaum zeitlichen Aufwand. Im Inhaltsverzeichnis erfasse ich nur meine Listen und nutze dafür auch wieder mein Farbsystem. Jahres- und Monatsübersicht habe ich mir mit bunten Klebetabs markiert.
Natürlich gibt es auch schon fürs Bullet Journaling prädestinierte Notizbücher mit bereits nummerierten Seiten. In meinem Regal wartet ein dekadentes Leuchtturm 1917 mit Punktrasterpapier auf seinen Einsatz: Das werde ich ab 2017 nutzen. (Ja, ich habe versehentlich zuerst »ab 1917« geschrieben.)
Warum funktioniert es?
Es scheint insgesamt einen ziemlichen Hype ums Bullet Journal zu geben, gerade im englischsprachigen Raum. Und ich muss gestehen: Nach etwas über zwei Monaten mit diesem System bin ich selbst extrem begeistert. Ich hatte immer ein Herz für schöne Planer und Kalender, aber so ganz konsequent habe ich sie nie benutzt – für Termine allein lohnen sie sich bei mir nicht (die sind bei mir recht überschaubar), aber Projekte und To-Do-Listen lassen sich in den vorgegebenen Strukturen nur schwierig integrieren. Es ist einfach alles zu starr.
Ich habe ziemlich lange versucht, mich an fertige Kalender anzupassen, bis mir das Bullet Journal über den Weg lief, und obwohl vieles an dem System auch irgendwie banal ist, war es für mich eine Erleuchtung: Ich kann meinen Kalender auch an mich anpassen! Wirklich so, wie es für mich passt! Ich habe alles an einem Ort, koordiniere nicht mehrere To-Do-Listen und Projektpläne, trage meine Termine endlich wieder brav ein und sehe dank meiner »Erledigt«-Listen auch endlich, wo meine Zeit geblieben ist. Mit der Aufteilung in verschiedene Themenspalten habe ich schon vor dem BuJo gearbeitet, aber dessen System hat mir genau den Rahmen dafür geliefert, der noch fehlte.
Was mache ich damit nicht?
Das offizielle BuJo-System gibt ein paar Icons vor, also wie man seine Einträge kennzeichnet – mit kleinen Kreisen, Pfeilen, Strichen … Ich habe nach einem Blick festgestellt: Nein, das mag ich so nicht machen. To-Dos bekommen bei mir eine Checkbox, die abgehakt wird, Termine und Verabredungen einen runden Kreis. Fertig. Auch hier gilt: Man kann es so gestalten, wie man möchte und wie es für einen funktioniert (und wenn das das ursprüngliche System ist: prima!).
Viele Bullet Journals da draußen sind wahre Kunstwerke, schillern in allen Farben und strotzen nur so vor hübschen Zeichnungen und buntem Washi-Tape. Es gibt Leute, die viel, viel Zeit in ihre BuJos investieren. Und die verdammt gut zeichnen können.
Ich mag Kalligraphie und Handlettering (also das optisch ansprechende Malen von Buchstaben), aber selbst das kommt in meinem BuJo nur sehr eingeschränkt zum Einsatz. Ich male keine fröhlichen Banner und tanzende Kakteen. Zwar habe ich durchaus Spaß daran, mir das bei anderen anzusehen – aber es ist nicht meine Art der Gestaltung. Und das ist okay so.
Es gibt Leute, die im BuJo festhalten, wie das Wetter ist, wie viel Wasser sie getrunken haben, was im Radio lief, und, und, und. Das alles kann man machen, wenn man es hilfreich findet. Ich habe eine schmale Spalte, in der ich meine Mahlzeiten notiere, hauptsächlich deshalb, um für spätere Inspiration blättern zu können (und langfristig abwechslungsreich zu planen), das war es dann aber auch schon. Mein BuJo ist textmarkerbunt und ansonsten ziemlich pragmatisch, aber ich liebe es genau so: Es ist ein lebendiges, immer weiter wachsendes Notizbuch, das für mich einfach perfekt funktioniert. Und die Klebepunkte … Nein, das ist jetzt schon alles viel zu lang. Von den Klebepunkten erzähle ich euch ein andermal!
Linkliste
Was ist ein Bullet Journal? – Blogeintrag bei Lena Falkenhagen, in dem sie gut verständlich die Grundlagen zusammenfasst
Kein normaler Kalender? – Noch einmal Lena Falkenhagen darüber, was das BuJo von herkömmlichen Kalendern unterscheidet und warum es für sie so viel besser funktioniert.
Offizielle Bullet Journal-Website
Top 12 Bullet Journal Hacks & Inspiration – auf englisch; ein paar pfiffige Ideen fürs Bullet Journal
Bullet Journal DOs and DON’Ts – auf englisch; wollte ich zuerst wegen des Titels nicht lesen, aber tatsächlich ist das auch ein guter Beitrag mit der Quintessenz: Mach dein Ding!
Ah, ich finde deinen Humor mal wieder sehr erheiternd. Da könnte ich doch glatt auch anfangen, wenn ich mir nicht schon einen Paperblanks mit Monet-Seerosen gegönnt hätte. Letztlich bin ich doch zu faul, mir immer alles neu zu zeichnen, und der Paperblank hat zumindest eine Größe, in die viel reinpasst. Mal gucken, ob ich trotzdem das Listensystem übernehmen kann. *Kinn kratzt*
Woran ich mich gerade auch erinnere: Es gibt auch von Hahnemühle Notizbücher mit Punktraster: http://www.gerstaecker.de/HAHNEMUeHLE-DiaryFlex-Ersatzheft.html Kann man auch mit Umschlag kaufen. Aber so ist es a) günstiger und man kann sich b) selbst etwas machen und es noch mehr personalisieren. IdR. ist Hahnemühle-Papier eine super Qualität und ich schätze mal, dass es nicht so durchscheinend sein wird wie das von Leuchtturm oder Moleskine. Zumindest soweit ich die Papiere kenne sind sie trotz geringer Grammatur recht fest. Nachteil wäre höchstens, dass es nicht allzu groß ist (18,2 x 10,4 cm). Dafür hat’s aber trotzdem 160 Seiten. Vielleicht gibt es bei dir in der Nähe ja einen Künstlerbedarf, der das hat. Einen Blick ist es zumindest wert. Ich hatte es die Tage in der Hand, aber leider nicht mehr genug Geld. (Irgendwie ist es sauschwer an vernünftiges Papier mit Punktraster zu kommen, bei dem man nicht arm wird.)
Ohhhh, Paperblanks! Die sind aber auch zu schön – und ich bin gerade heilfroh, dass es die nicht mit Punkteraster gibt. Das wäre mein Untergang.
Danke für den Hahnemühle-Tipp! Die waren mir gar kein Begriff, sieht gut aus. Das Format ist tatsächlich etwas klein, aber ich werde mal danach gucken, 100g-Papier klingt nämlich extrem reizvoll. Ich liebe mein Leuchtturm zwar jetzt schon, aber ein wenig zu dünn ist mir das Papier da leider wirklich.