Schreiben ist mein Leben. Das stimmt in mehrfacher Hinsicht, denn ich verdiene mir einen nicht unwesentlichen Teil meiner Brötchen als Texterin. Insbesondere in meiner Anfangszeit war ich dabei viel auf Internetplattformen aktiv, wo Kunden ihren Content wie Fertiggerichte in der Kantine ordern können. Das läuft meist recht anonym und nicht wirklich gut bezahlt ab, aber es ist auch extrem lehrreich. Nicht nur, weil ich von spanischen Immobilien über Briefkästen bis hin zu siebzehn Sorten Saugnäpfen schon so ziemlich über alles Texte geschrieben habe, sondern auch, weil ich schon an ziemlich viele verschiedene Arten von Auftraggebern geraten bin. Um euch einen Einblick zu verschaffen, habe ich an dieser Stelle ein kleines Kompendium der typischen Vertreter angefertigt. Warum soll ich den ganzen Spaß allein haben?
[Disclaimer: Es gibt natürlich auch richtig tolle Auftraggeber! Wirklich]
Der Minimalist: Er weiß, was er will, aber er sagt es dir nicht. Wofür bezahlt er dich schließlich? Mach einfach mal.
»Hier ist ein Text zum Thema Gurkensalat. Bitte umformulieren.«
Der freundliche Minimalist: Er weiß auch, was er will – so ungefähr. Es soll auf jeden Fall großartig werden. Du machst das schon!
»Hallo, für meine Website über Gurkensalat brauche ich noch Content. Wäre toll, wenn Sie mir da einen Text schreiben können. So tausend Wörter. Danke!«
Der Präzise. Keywordvorgaben sind akkurat. Abweichungen braucht kein Mensch. Aufträge wie diese sind Gold wert, denn sie skillen enorm dein Synonymfindungstalent.
»Schreiben Sie mir bitte einen Text über Gurkensalat. Es soll tausend Wörter lang nur um Gurkensalat gehen. Aber bitte verwenden Sie das Wort Gurkensalat nicht öfter als dreimal!«
Der Detaillierte. Er würde es ja am liebsten selbst machen und meint es bei den Vorgaben sehr gut. Je genauer du weißt, was du liefern musst, desto besser kannst du schließlich arbeiten, nicht wahr?
»Ich brauche einen zweihundert Wörter langen Text über Gurkensalat, der bitte jeweils zwanzig Mal die folgenden achtzehn Keywords enthält. Drei davon beinhalten grobe Tippfehler und bei den restlichen handelt es sich um grammatikalisch komplexe, suchmaschinentechnisch vollkommen irrelevante Wortgruppen, die aber allesamt ein Muss sind.«
Der Vielseitige. Seine Meinung: Ein guter Text muss Inhalt und Zielgruppe bedienen, unterhaltsam sein, offene Fragen beantworten, drucken, faxen, staubsaugen und sich mit Käse überbacken lassen.
»Bitte erstellen Sie einen Text über Gurkensalat. Er sollte außerdem dringend die Keywords Grizzlybär, endoplasmastisches Reticulum und einen kurzen Exkurs über die Kulturgeschichte der Briefmarke enthalten.«
Der Optimistische. Er liefert dir vorab alles, was du brauchen wirst. Deine Aufgabe besteht lediglich daran, es noch viel besser zu machen. Und mehr. Und schöner. Aber bitte nicht völlig anders!
»Anbei zwanzig Wörter Input zum Thema Gurkensalat. Bitte formulieren Sie rein auf dieser Grundlage einen informativen Text ganz ohne Füllwörter oder zusätzliche inhaltliche Aspekte. Er soll bitte mindestens fünfhundert Wörter lang sein.«
Der Anspruchsvolle. Er möchte gute Arbeit und setzt bevorzugt knappe Deadlines.
»Ich brauche zweihundert Wörter über Gurkensalat. Anbei finden Sie eine Liste von zwanzig Fachpublikationen und zweiundsechzig Internetseiten, die Sie zur Recherche bitte unbedingt durcharbeiten und im Text berücksichtigen. Vergüten werde ich Ihre Arbeit mit dem Gegenwert eines kleinen Softdrinks ohne Eiswürfel.«
Gibt es noch mehr Arten? Zweifellos, aber entschuldigt, wenn ich dazu gerade nichts sagen kann. Ich muss dringend diese dreihundert Wörter über Taubenkot schreiben, angefordert in der Kategorie Astrologie …
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